Interview Caspar

Interview mit Caspar – Lieferant, Mitglied und freiwilliger Helfender

„Es kommen Menschen von überall her und so wächst das Quartier mehr zusammen“

Zur Stelle, wenn es brennt: Teilzeit-Winzer Caspar packt seit rund zwei Jahren im Laden mit an – oft auch kurzfristig, wenn jemand anders ausfällt.  Foto: Hans Zimmer

Interview: Emilie Cherlet

An diesem Mittwochmittag trifft man Caspar hinter der Kasse bei den frischlingen. Nach einigen Minuten hat er Zeit für unser Gespräch  zumindest so halb  kurz vor dem Mittag sei immer viel los. Wir sitzen gegenüber vom Kühlregal. Er auf einem Schemel mit einer Tasse Tee, ich bekomme einen Klappstuhl. Die Kundschaft kauft um uns herum weiter ein.

Seit wann bist du ein frischling?

Caspar: Genossenschaftsmitglied bin ich seit vier Jahren, Lieferant etwa vier Jahre, und freiwilliger Helfender im Laden seit gut zwei Jahren.

Wie kommt es, dass du alles gleichzeitig machst?

Caspar: Ich bin Teilzeit-Winzer mit zwei Freunden zusammen, und ich liefere unseren Wein hierher. Ich bin ein frischling, weil ich seit 13 Jahren im Quartier wohne. Ich poschte gern in einem kleinen Laden mit persönlicher Anbindung. Ich unterstütze die Idee der Produkte von regionalen Kleinproduzenten und die genossenschaftliche Organisation.

Wie hat deine Tätigkeiten bei den frischlingen deine Sicht auf das Quartier beeinflusst?

Caspar: Ich wohne ein paar Hundert Meter weiter. Das war quasi eine Wüste. Da gabs keine Einkaufsmöglichkeiten bevor der Laden der frischlinge aufging. Darum war das für mich eine Ecke, die für mich nicht spannend ist. Seitdem ich regelmässiger Kunde bei den frischlingen bin, habe ich die Leute, die im Umkreis wohnen, kennengelernt. Das Quartier verändert sich dadurch. Zum Beispiel kommen viele Leute, die wenig Deutsch können. Viele sprechen erstmal Englisch. Als freiwilliger Helfender versuche ich, sie auf Deutsch zu bedienen, damit sie sich daran gewöhnen. Das ist ein guter Ort dafür. Wenn man regelmässig Deutsch redet, traut man sich auch mehr. Es kommen Menschen von überall her und so wächst das alles mehr zusammen.

Eine Kundin braucht etwas aus dem Regal hinter uns. Wir machen Platz. Als wir uns wieder setzen. 

Caspar: Über Mittag kommen die, die am schaffen sind. Es kommen auch viele Eltern mit kleinen Kindern einkaufen. Das ist immer lustig. In der Corona-Zeit war der Laden manchmal voller Kinder. Da hat man Schlange stehen müssen. Mich hat das überhaupt nicht gestört.

Hast du eine Zeit, um die du als freiwilliger Helfender am liebsten im Laden bist?

Caspar: Mitte Vormittag finde ich gut. Dann hat man am meisten Zeit. Der Platz ist klein und es gibt im Laden tausende verschiedene Produkte. Wenn man da das Gestell schön auffüllen möchte, ist es wirklich filigrane Arbeit, dafür muss man sich Zeit nehmen.

Caspar betrachtet zufrieden die bunte Salatauswahl im Kühlregal.

Caspar: Die Salate sind jetzt super! So frisch! 

Hast du ein Lieblingsprodukt bei den frischlingen?

Caspar: Die Apfelsorten finde ich super. Immer im Herbst gibt’s Obst aus’m Fricktal. Und ich hab das Brot gern. Und einmal in der Woche kann man von Hans und Wurst Fleisch bestellen.

Es macht Caspar offensichtlich etwas Mühe, sich für ein einziges Lieblingsprodukt zu entscheiden. Sein Blick fällt auf den Kühlschrank.

Caspar: Und es gibt den Alpkäse: der ist von einer Mitbegründerin der Genossenschaft, Alex, die war auf der Alpe Waira im Zwischenbergental im Wallis, wo sie den Alpkäse gemacht hat.. Das macht’s einfach persönlicher.

Ist dieser persönliche Zusammenhalt der Grund, warum du deine Partnerin, Lotte, auch zu den frischlingen gebracht hast?

Caspar: Ja, ich bin etwas vor ihr pensioniert worden. Als die frischlinge jemanden für die Buchhaltung gesucht haben, habe ich ihr Bescheid gesagt. Sie ist jemand, die solche Sachen präzise und gut organisiert macht. Und manchmal braucht’s da ein bisschen eine ordnende Hand.

Er macht eine Kopfbewegung hin zu einer Art Holzverschlag, der sich hinter einem Vorhang zu verstecken sucht.

Caspar: Manchmal ist es ein bisschen chaotisch in dem Mini-Büro, denn die Ladenfläche ist knapp. Das Büro ist eigentlich ein Witz. Da ist auch noch alles andere Zeug drin: Kleider, Artikel zum Ausprobieren, und alles mögliche … der Kompressor von der Kühlanlage ist auch da drin.

Im Laden hat sich der Mittagstrubel gelegt. Der kleine Raum hinter der dünnen Holzwand hinter den Reinigungsprodukten und Getränken beginnt, etwas unheimlich auf mich zu wirken: Das alles verbirgt sich in dieser Ecke? Ich fühle Caspar nochmals auf den Zahn.

Nach so langer Zeit als Kunde, Lieferant und freiwilliger Helfender weisst du eigentlich alles über die frischlinge. Gibt es ein Geheimnis, das du mir verraten möchtest?

Caspar lacht: Nein, Geheimnisse gibt es hier nicht. Ich bin derjenige, der immer fragen muss und Sachen nicht versteht. Ich hüte kein Geheimnis. Und ich erzähle ganz viel, denn ich versuche, alles unter die Leute zu bringen.

Das stimmt natürlich. Caspar leert seine Teetasse und schiebt den Schemel beiseite. Mein Klappstuhl kommt aufs Kühlregal. Caspar verabschiedet sich in die Mittagspause, und ich mache beim Gehen einen etwas grösseren Bogen ums kleine «Büro».